Giorgio Sommer

(1834 Frankfurt am Main - Neapel 1914)

Als Giorgio Sommer 1834 in Frankfurt am Main geboren wurde, hatte sich die Fotografie als, die Wirklichkeit abbildende, Technik bereits seit einigen Jahren gut entwickelt. Deutsche, englische und französische Pioniere der Fotografie hatten bis etwa 1840 Methoden entwickelt, mithilfe lichtempfindlicher Materialien und mehr oder weniger präzisen Optiken, die Natur im Sinne unserer heutigen Fotografie wiederzugeben. Zur Mitte des Jahrhunderts entstanden überall kleine fotografische Ateliers, oft ehemalige lithographische Anstalten, die die neue Technik gleichsam als Fortentwicklung ihres bisherigen Metiers sahen.

Giorgio Sommer, der sich zunächst einer Ausbildung zum Kaufmann widmete, gehört zu den frühesten erfolgreichen Fotografen. Um 1856 ging er nach Italien und eröffnete 1857 ein eigenes Atelier für Fotografie in Neapel. Er bereiste Italien und folgte dabei nicht zuletzt den Spuren der Grand Touristen, die seit dem 18. Jahrhundert den Kanon der sehenswürdigen Orte und Monumente in Italien festgelegt hatten. Populäre Ziele wie die antiken Reste des alten Rom, Ruinen in der malerischen Campagna und die herrlichen Landschaften und Städte am Golf von Neapel zogen auch Giorgio Sommer an. In den dort aufgenommenen Fotografien hoffte er, auch den Geschmack der zeitgenössischen Reisenden zu treffen. Aber auch Alltagsszenen hielt er im Foto fest, die uns heute wegen ihrer historischen Entfernung zwar fremd anmuten, wegen der Schärfe und Genauigkeit der Abbildung jedoch äußerst vertraut erscheinen. Sogar den Ausbruch des Vesuv im Jahre 1872 fotografierte Sommer und schuf damit zugleich ein gewaltiges Zeitdokument der Naturkatastrophe. Ebenso dokumentierte er die Folgen eines Erdbebens und die noch heute anrührenden Spuren des verschütteten Pompeji und der freigelegten Abgüsse menschlichen Lebens.

Zwischen 1867 und 1874 arbeitete er mit dem deutschen Fotografen Edmond Behles zusammen und betrieb ein gemeinsames Atelier. In den 1870er-Jahren fertigte Sommer ausserdem Repliken antiker Statuen in Bronze, Terrakotta und Marmor, die dank ihrer guten Gussqualität und Genauigkeit in der Abbildung weite Verbreitung fanden. Festgehalten auf Glasplatte und Albuminpapier lässt der beinahe objektive Blick des Fotografen auf das Italien des 19. Jahrhunderts noch heute erstaunen.