
Die Flucht Hagars
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Art.-Nr.: 12315
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- Technik: Lavierte Tusche über Bleistift auf Papier
- Unten links monogrammiert (ligiert): "FP". Unten rechts eigenhändig bezeichnet: "Weimar". Oben rechts nummeriert: "17".
- Zustand: Sehr guter Zustand. Leichter Knick oben links.
- Provenienz: Walter Moraw, 20. Jahrhundert
- Größe: 13,3 cm x 21,3 cm
- Epoche: Romantik
- Jahr: um 1874
Es ist eine karge Landschaft, durch die eine Karawane von Kamelen zieht – ansteigend zu einer schroffen Felsformation, auf der sich vereinzelte Palmen den Unbilden der Witterung widersetzen. Die unwirtliche Landschaft erinnert an die römische Campagna in der Umgebung von Rom, die manchem Reisenden damals als eine öde Wüste fern von jeder Zivilisation vorkam, für Friedrich Preller jedoch trug sie „einen ächt patriarchalischen Charakter [in sich], so dass wir schwerlich einen besseren Blick ins alte Testament thun dürften. Historienmaler könnten hier die besten Studien machen, da sie kaum für die Landschaft einfachere und grossartigere Motive finden werden.“ Tatsächlich erzählt das Blatt – darauf deutet bereits der orientalisch anmutende Zug der Kamele – eine Geschichte aus dem Alten Testament: Es zeigt die Flucht Hagars mit ihrem Sohn Ismael durch die Wüste – jener Sklavin der Sara, die von Saras Mann Abraham einen Sohn empfangen hatte, den sie auf Geheiß des Engels Ismael nannte. Als Sara wider Erwarten doch noch Isaak gebar, wurde Hagar vom Hofe Abrahams verbannt und begab sich auf die Flucht durch die Wüste Beer-Scheba, wo sie auf der Suche nach einem Brunnen herumirrte. Von Hagars dramatischem Irrweg, der in der Genesis geschildert wird, ist bei Preller wenig zu spüren – hier steht Hagar hoch zu Kamel an der Spitze der Karawane, erreicht die Anhöhe wohl bereits im Wissen, dass Gott sie aus der Sklaverei befreien und ihr Sohn Stammvater vieler Völker wird.
Das oben rechts nummerierte Blatt stammt aus einem kleinen Skizzenbuch, das sich heute im Thüringer Museum in Eisenach befindet. Den dort erhaltenen 15 Blättern kann man noch weitere sieben in verschiedenen Sammlungen zuordnen. Preller hatte es 1874 in den Monaten Juli und August während eines längeren Aufenthalts in Ilmenau im Kreise seiner Kinder und Enkel mit Stoffen aus dem Alten Testament gefüllt. In ihm breitet er auf mehreren Blättern als eine Art Bildergeschichte auch das Leben Saras und ihr Schicksal bis zu ihrem Begräbnis aus.
Das zeichnerisch zu Ende geführte und sicher aufgefasste Blatt bezeugt eindrucksvoll Prellers bis an sein Lebensende nicht nachlassende Innovationskraft. Eine Italienreise 1869 hatte ihm die Anregung zur neuerlichen Auseinandersetzung mit der großartigen Landschaft der Campagna gegeben; nach seiner Rückkehr nach Weimar „regte sich die Erfindungs- und Schaffenslust zu neuen Werken sehr lebhaft bei ihm, und seine schöpferische Thätigkeit entfaltete in den nächsten Jahren einen erstaunlichen Reichthum.“ Neben mythologischen Gemälden ist besonders die Hinwendung zu religiösen Themen bemerkenswert, die 1870 mit dem großformatigen Gemälde des Barmherzigen Samariters (Leipzig, Museum der bildenden Künste) begann. Es folgten weitere Gemälde mit religiösen, vorwiegend alttestamentarischen Stoffen; auch unser Blatt könnte eine Vorarbeit zu einem Gemälde darstellen, doch wahrscheinlicher ist, dass Preller einen Zyklus von druckgrafischen Arbeiten zu Hagar und Ismael in der Weise plante, wie sie nach Prellers Tod etwa der Verleger Alphons Dürr in Leipzig mit seinen Odyssee-Landschaften oder seinen italienischen Landschaften herausgegeben hatte. (Text: Peter Prange)