Produktinformationen "Figurenstudie mit Soldaten"
Der Berliner Maler, Zeichner, Aquarellist und Radierer Franz Ludwig Catel kam 1811 nach Rom, wo er sich bis an sein Lebensende 1856 künstlerisch wie finanziell höchst erfolgreich der Landschafts- und Genremalerei widmete. Nach dem ersten privaten Zeichenunterricht in Berlin bei dem mit der Familie Catel befreundeten Kupferstecher Daniel Nikolaus Chodowiecki und dem Studium an den Akademien von Berlin (1794–1797) und Paris (1798–1800) und einem dazwischenliegenden Aufenthalt in der Schweiz 1797 erlernte er – bereits 1806 zum Mitglied der Berliner Akademie ernannt – ab 1807 für mehrere Jahre in Paris die Ölmalerei. Zwischen 1798 und 1806 hatte er von Berlin und Paris aus jedoch zunächst zahlreiche Illustrationszeichnungen für die zeitgenössische deutsche und französische Buch- und Almanach-Produktion geliefert, u. a. zu den Werken Goethes und Schillers, zu Johann Joachim Campe, zu Johann Heinrich Voss sowie dem Franzosen Jacques Delille. Das hier vorliegende Skizzenblatt – die Bezeichnung „Catel“ unten links kann möglicherweise als nachträgliche Signatur angesehen werden – ist eine der wenigen, bislang bekannten frühen Zeichnungen Franz Ludwig Catels. Das Blatt zeigt auf engem Raum nebeneinander 12 Skizzen von französischen Soldaten als Kopf- oder Halbfigurenstudien. Unten rechts befindet eine weitere Skizze eines griechisch-antik anmutenden stehenden Mannes in einem langem Gewand mit Kopfbedeckung und Wanderstab in den Händen, der nicht direkt auf einen militärischen Zusammenhang verweist. Darüber erkennt man die leichte Skizze eines Astes mit Blättern. Es wird sich bei dieser Zusammenstellung auf einem Studienblatt (ehemals aus einem Skizzenbuch?) von Soldaten um Studien nach dem Leben handeln, die Catel am oder nach dem 27. Oktober 1806 gezeichnet haben wird, als die franzözische Armee Berlin besetzte. Das berühmte Korps der Mamelucken (Mamelouks de la Garde impériale / Mameluken der Kaiserlichen Garde), eine Einheit Leichter Kavallerie, die während des Ägyptenfeldzuges durch Napoléon Bonaparte aufgestellt wurde und von 1801 bis 1815 in seinem Dienst stand, marschierte dabei zusammen mit den Franzosen in ihren orientalischen Uniformen und mit ihren typischen Kopfbedeckungen in Berlin ein. Die Verso-Seite des Blattes zeigt Fragmente von perspektivischen Berechnungen und eine Liste mit Zahlenangaben, die sich wohl auf Architektur beziehen. Franz Ludwig Catels Bruder war der Architekt Friedrich Ludwig (Louis) Catel (1776–1819), beide arbeiteten 1806 als Dolmetscher für die Franzosen und führten seit etwa 1801 gemeinsam eine bis dahin höchst erfolgreiche Fabrik für musivische Stucke, die jedoch durch die Kriegsereignisse, speziell die Niederlagen bei Jena und Auerstedt 1806, zum Erliegen kam. In diesem Zusammenhang könnten die rückseitigen Notate entstanden sein. Franz Ludwig Catel selbst gab nach seiner Rückkehr aus Paris 1801 in Dresden an der Akademie Vorlesungen über Linear- und Luftperspektive. Neben der alten mit Bleistift angebrachten Namensbezeichnung, die möglicherweise sogar vom Künstler selbst stammt, lässt sich die Zeichnung stilistisch durchaus mit anderen Zeichnungen Catels aus seinen Berliner Jahren vergleichen, u. a. mit einer Studie zu einer Komposition Friedrich der Große nach der Schlacht von Kunersdorf (Abb. S. 110), entstanden zwischen 1800 und 1806, auf der im Hintergrund mit Bleistift ganz ähnlich gezeichnete preußische Soldaten des späten 18. Jahrhunderts (sog. ‚Lange Kerls‘) zu sehen sind und die ebenfalls 1806 in Bleistift ausgeführten Vorstudien des Künstlers zu August Wilhelm Ifflands Almanach für Theaterfreunde auf das Jahr 1807. (Text: Peter Prange)
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