Produktinformationen "Küste am Toten Meer"
Wenn es einen Maler gibt, der das Erbe Carl Rottmanns bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts trug, dann ist es der Münchner August Löffler. Als Rottmann 1850 in München starb, befand sich Löffler auf einer Reise, die ihn durch Ägypten und Palästina bis nach Kleinasien geführt hatte. Ende des Jahres war er mit einem reichen Fundus an Studien nach München zurückgekehrt, die zur Grundlage seiner späteren Gemälde wurden und in denen der Geist Rottmanns überdauerte.
Löffler erhielt einen ersten geregelten Unterricht zunächst bei Heinrich Adam, dem Bruder des Schlachtenmalers Albrecht Adam, dann im Landschaftsfache bei Julius Lange, doch strebte er eine Durchgeistigung der Landschaft in der Weise an, die er bei Rottmann fand. Obschon nie sein Schüler, versäumte er keine Gelegenheit, die Arbeiten des verehrten Meisters zu Studieren: „Aus den Arkaden-Landschaften [Italien-Zyklus in den Hofgartenarkaden, Anm. d. Verfassers], die er wieder und wieder sah, durchdachte, copirte, sog er gleichsam seinen Stil überhaupt und aus ihnen ist auch jene Besonderheit mancher Löfflerschen Bilder zu erklären mit möglichst wenigen einfachen Linien zu wirken und ein ausgeführtes Detail des Vordergrundes zu verschmähen“ , berichtet Andreas Andresen, der kurz nach Löfflers Tod erstmals dessen druckgraphisches Werk zusammengetragen hatte.
Zu dieser Zeit, um 1840, galten Italien und in München besonders Griechenland immer noch als lohnende Reiseziele, doch versuchte Löffler, „seine durch die Lectüre vieler Reisebeschreibungen und der Wundermärchen der tausendundeinen Nacht in ihm hervorgerufenen Jugendträume zu verwirklichen“ und in den Orient zu reisen. Dieser stand auch in München hoch im Kurs – 1838 hatte Carl Theodor von Buseck Herzog Maximilian auf einer Orientreise begleitet und von dort zahlreiche Aquarelle mitgebracht, doch war es der Münchner Sänger und Maler Ulrich Halbreiter, der die Sehnsucht nach dem Orient in Löffler erst richtig entfacht hatte. Halbreiter hatte 1843 Palästina bereist und von dort Studien mitgebracht, doch fühlte er sich nicht befähigt, sie in ein Gemälde umzusetzen; stattdessen führte Löffler nach dessen Vorstudien ein Rundgemälde mit der Ansicht von Jerusalem aus, das später als Geschenk Königs Maximilian II. von Bayern an Papst Pius IX. in den Lateran in Rom kam. Die Arbeit an dem Gemälde, die die finanziellen Mittel freisetzte, und Halbreiters begeisterte Schilderungen des heiligen Landes bestärkten Löffler im Entschluss, selbst in den Orient zu reisen. 1849 von Triest aus aufbrechend, reiste er über Griechenland nach Smyrna, und hielt sich über ein Jahr in Syrien, Palästina und Ägypten auf – dort einen reichhaltigen Vorrat an Studien und Ansichten schaffend, die die Grundlage für seine späteren Gemälde bildeten.
Nach seiner Rückkehr startete Löffler eine erfolgreiche Karriere als Orientmaler, der auch im deutschen Adel Gefallen fand: Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. und der König von Württemberg, Wilhelm I., bestellten bei ihm Gemälde mit Darstellungen aus dem Orient – unter anderem ein Gemälde mit der Ansicht des Toten Meeres, das 1858 auf der Kunstausstellung in München gezeigt wurde –, die in den 1850er Jahren seine Reputation als Interpret des Fremdländischen steigerten. Nach Löfflers Tod 1866 hatte auch der ehemalige König Ludwig I. von Bayern aus dessen Nachlass 22 Ölskizzen mit Ansichten aus dem Morgenland für die Sammlung der Neuen Pinakothek erworben, darunter auch eine Studie zum Toten Meer.
Wie souverän sich Löffler den orientalischen Stoff angeeignet hatte, dafür ist auch unsere kleinformatige Ölstudie ein Beleg, die ebenfalls einen Küstenstreifen am Toten Meer zeigt. Er trägt alle Züge, die man von einer im Sinne Rottmanns dramatisierten Landschaft erwarten konnte: Im Dunkel liegende Partien wechseln mit schlaglichtartig herausgeleuchteten Stellen, der zunächst flache Küstenstreifen steigert sich zu gebirgigen, kargen Hügeln, über dem sich Gewitterwolken dramatisch aufbauen – Sinnbild einer sich ständig verändernden Landschaft, über die die Naturgewalten hinweggehen. In dieses Bild passt der über die Ebene jagende Löwe, der eine Sandwolke hinterlässt und eine von Ihm aufgescheuchte Gruppe Hasen verfolgt.
Es ist eine Szene von gewaltiger Großartigkeit, aber auch Leere – unwirtlich und fern der Zivilisation, ernst und doch voller Elegie und Atmosphäre. Der Anschluss an die Bilddramatik der griechischen Landschaften Rottmanns ist offensichtlich, doch die kosmische Energie, die dieser in Bewegung zu setzen imstande war, erreicht Löffler nicht ganz.