Rhein bei St. Goarshausen
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12648
Produktinformationen "Rhein bei St. Goarshausen"
Im Jahr 1843 gab der Engländer George Newenham Wright die deutsche Ausgabe seines Reisebuchs unter dem Titel Der Rhein, Italien und Griechenland heraus, in dem zahlreiche Rheinansichten mit Bildern aus den südlichen Gegenden Italiens und Griechenlands konkurrierten – die Nennung des Rheins in einem Atemzug mit Italien und Griechenland mag uns heutzutage verwundern, doch haben nachromantische Künstler wie der Frankfurter Maler Carl Morgenstern anders empfunden. Als er sich im Sommer des gleichen Jahres mehrere Wochen in Rüdesheim aufhielt, notierte er später: „[Ich] konnte von meinem Fenster Sonnenaufgang, Mittag und Abend sehen mit dem herrlichen Rhein, dem schönsten Wasserspiegel, […] zeichnete mir manches und machte viele Studien, jede verschieden in Farbe und Stand der Sonne, lebte nur in meinen Studien, sehr ungestört und recht zufrieden, wie in Italien auf dem Lande, nur angenehmer, weniger heiß, und hatte dasselbe Wetter […].“
Spätestens seit Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich das Motiv der Rheinlandschaft als topografische Gattung etabliert und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten zahlreiche Rheinalben die Nachfrage eines touristisch orientierten Publikums kaum befriedigen. In diesem künstlerischen Ambiente des Aufbruchs und neuer Mobilität war Carl Morgenstern in Frankfurt in einer alteingesessenen Künstlerfamilie aufgewachsen – nach Aufenthalten in München und in Italien Mitte der 1830er Jahre war er nach Frankfurt zurückgekehrt. Von dort entdeckte er in den folgenden Jahren den Rhein und seine pittoresken Gegenden als Motiv für sich. Bis 1868 bereiste Morgenstern wiederholt den Rhein und hielt sich bevorzugt in Rüdesheim, Lorch, St. Goarshausen, Königswinter und Oberwesel auf.
Unser kleinformatiges Gemälde trägt rückseitig auf dem Keilrahmen die Aufschrift „Mittagssonne, St. Goarshausen“ und dürfte mit jener Ansicht identisch sein, die 1918 aus dem Nachlass von Morgensterns Gattin Luise unter dem Titel „Sonnige Rheinlandschaft. Motiv bei St. Goarshausen“ versteigert wurde. Besonders in den 1850er Jahren besuchte Morgenstern St. Goarshausen mehrmals , und es ist wahrscheinlich, dass unsere kleine Ölstudie während eines dieser Aufenthalte entstanden ist. Der Blick geht vom rechten Ufer rheinabwärts über den zum See geweiteten Fluss hinüber nach St. Goar, das im Dunst liegend mit wenigen Pinselstrichen in Weiß nur angedeutet ist. Über der Stadt liegt auf dem Hügel die Ruine der Burg Rheinfels – auch sie nur schemenhaft aus dem Ungewissen auftauchend. Morgensterns Blick über den Rhein verzichtet ganz auf die Angabe topografischer Identifikationspunkte; er befriedigt kein touristisches Bedürfnis nach einem Andenken oder nach einer Erinnerung an einen Besuch, sondern spürt mit besonderer malerischer Sensibilität den sich zwischen Morgenfrühe und Abenddämmerung beständig ändernden Stimmungen und Erscheinungen des Lichts nach. „Jede verschieden in Farbe und Stand der Sonne“ – so hatte Morgenstern 1843 den besonderen Stimmungsgehalt seiner in Rüdesheim entstandenen Studien beschrieben, und unser kleines Ölgemälde ist ein exzellentes Beispiel für das künstlerische Anliegen, „en plein air“ zu malen. Zwar reichert Morgenstern seine Ansicht noch mit prosaischen Motiven wie Uferstreifen, Lastensegler und Ruderkahn an, doch alles andere ist reine Stimmungsmalerei: Wie die Sonne sich gegen den wolkenverhangenen Himmel zu behaupten beginnt, wie sie die Wolken langsam verdrängt und sich bereits erstes Himmelsblau zeigt, während darunter Farben und Konturen verschwimmen, erst aus dem Dunst aufzutauchen beginnen – all dies verweist auf die unmittelbare Schilderung eines Augenblicks, auf den Versuch, den Moment des Lichteinfalls über dem Fluss festzuhalten. Mit solchen vor Ort entstandenen Ölstudien präsentiert Morgenstern die Landschaft in ihrer ganzen Lichtfülle, geraten sie zu Farb- und Stimmungsstudien, die ihn noch vom Geist der Romantik berührt zeigen, aber bereits auf eine naturalistische Landschaftsauffassung verweisen. Morgensterns Italienaufenthalt hatte sein Empfinden für die atmosphärischen Erscheinungen des Lichts geschärft, das er nach der Rückkehr auf die heimische Landschaft zu übertragen versuchte. Morgenstern machte solche Studien ohne Zweck, einfach als Beobachtung ihrer selbst, „zur Erfrischung“ , wie er sagte, und diese Frische ist es, die sich dem Betrachter noch heute ganz unmittelbar mitteilt.
Künstler: | Carl Morgenstern (1811 Frankfurt am Main - 1893 ebd.) |
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Stempel: | Nachlassstempel, Lugt Nr. 5879. Karl Morgenstern, Nachlass. |
Technik: | Öl auf Leinwand |
Signatur: | Verso bezeichnet "138 Mittagsonne, St. Goarshausen". |
Jahr: | 1874 |
Zustand: | Guter Zustand. Altersgerecht, minimale Retuschen, restauriert. |
Provenienz: | Aus dem Nachlass des Künstlers. Luise Morgenstern, geb. Bansa (1824 - 1913 Frankfurt Am Main) Frankfurter Kunstverein. Verkauf Auktion Gemälde von Carl Morgenstern; 19.11.1918, Los 109.; Dorotheum Wien. Verkauf Auktion; 17.02.2014, Los 1 [...] |
Gesamtgröße: | 19,0 cm x 28,0 cm |
Rahmengröße: | 33,0 cm x 42,0 cm |
Darstellung: | Landschaft |
Epoche: | Romantik |
Schlagworte: | George Newenham Wright; Reisebuch; Rhein; Italien; Griechenland; Rheinansichten; Carl Morgenstern; Rüdesheim; Rheinalben; Rheinlandschaft; Künstlerfamilie; München; St; Goarshausen; Königswinter; Oberwesel; Gemälde; Sonnige Rheinlandschaf [...] |
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