Julius Hübner

  • 27. Januar 1806 geboren im schlesischen Oels (heute Oleśnica)

  • 1821-26 Studium an der Kunstakademie Berlin

  • ab 1822 Ateliergemeinschaft und Freundschaft mit Wilhelm von Schadow (1788-1862)

  • ab 1826 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf

  • 1829 Hochzeit mit Pauline Bendemann (1809-1895), Schwester des befreundeten Malers Eduard Bendemann (1811-1889)

  • bis 1831 Aufenthalt in Rom gemeinsam mit Pauline, Verwandten und Freunden

  • 1834-38 Schüler in der Meisterklasse Wilhelm von Schadows in Düsseldorf | Mitglied der Düsseldorfer Malerschule

  • 1839 Umzug nach Dresden | Einrichtung eines Ateliers im Gewandhaus

  • ab 1841 Professur für Historienmalerei an der Kunstakademie Dresden

  • 1842 Titelblattgestaltung der Werke Felix Mendelssohn-Bartholdys | gemeinsam mit Freund Bendemann Entwurf des Alten Bach-Denkmals in Leipzig

  • 1848 während der Revolution Mitglied im studentischen Freikorps Akademische Legion

  • 1856 Veröffentlichung des Verzeichnis der Dresdner Gemälde-Gallerie mit einer historischen Einleitung von Julius Hübner

  • 1857 Studienreise nach England, Frankreich und in die Schweiz

  • 1871-82 Direktor der Königlichen Gemäldegalerie Dresden | beteiligt am "Holbeinstreit" | Mitglied der Kunstakademien Berlin und Philadelphia

  • 1882 Verleihung der Doktorwürde vo der Universität Leipzig | Mitglied der Kunstakademien Berlin und Philadelphia

  • 07. November 1882 Tod Julius Hübners in Loschwitz

"Nachrichten über unsere Familie [...]"

"[...] und sonst Wissenswürdiges [will ich] aufzeichnen, weil ich weiss, dass alle solche Nachrichten, wenn auch oft unscheinbar, mit der Zeit ein hohes oft unschätzbares Interesse für die Hinterbliebenen erlangen." (Familienbuch Julius Hübners, zitiert nach Birgid Monschau-Schmittmann 1993, S. 13). Der um 1839 zu datierende Entschluss Julius Hübners, ein "Familienbuch" in Form eines Tagesbuches zu den Geschehnissen im Leben der Familie des Künstlers zu führen, wird von der Wissenschaft gleichermaßen seines umfassenden Werksverzeichnisses und seiner autobiografischen Angaben wegen gelobt. Größtenteils zwar mit zurückgewandter Perspektive und aus der Erinnerung, dennoch aber aus erster Hand, sind daher Daten aus dem Leben des Künstlers Julius Hübner bekannt.
Rudolf Julius Benno Hübner wurde am 27. Januar 1806 im schlesischen Oels als Sohn des Stadtdirektors Ernst August Hübner und seiner Frau Johanna Christiane, geborene Raedler, geboren. In der eigenen Tradition und preußischen Tugenden treuen Familie fiel der Beschluss, den jungen Julius zum Studium der Theologie vorzubereiten. Obwohl Hübner rückschauend auch dem Vater die Freude und Begabung am künstlerischen Schaffen nachsagte, war es ihm nicht vergönnt, selbst einer Ausbildung oder einem Studium in dieser Richtung zu folgen. Erst der frühe Tod der Mutter im Jahre 1812 sowie das Ableben des Vaters im Jahre 1817, wodurch Julius schon im Alter von elf Jahren zum Waisen wurde, ermöglichte eine trotz allem freiere Perspektive. Noch am Gymnasium in seiner Heimatstadt Oels, machte sich die theologische Grundrichtung in Sprachbildung und Bibelstudium bemerkbar, weckte zugleich aber auch das Interesse Hübners an den literarischen Aspekten seiner Lehre. Die Kunst musste er neben dem marginalen Zeichenunterricht bei dem Gymnasiallehrer Wilhelm Sander, vor allem im Selbststudium erlernen. Besonders die Bekanntschaft und der intensive Austausch mit dem Kanzlisten Carl Beyer, der sich nebenher mit der Ölmalerei beschäftigte, bestätigte ihn in seiner Entscheidung einer Laufbahn in der Bildenden Kunst zu folgen.
Im Jahre 1821 bat der vorsichtig handelnde Hübner zunächst den an der Universität in Breslau tätigen Kunstlehrer Augustin Siegert (1786-1869) seine Werke zu begutachten und erhielt die sofortige Bestätigung seiner Begabung und Eignung. Für einige Wochen zog er daraufhin in das Atelier Siegerts nach Breslau um vor Beginn des Akademiestudiums erste Anleitungen in Zeichnung und Ölmalerei zu erhalten.

Nach nur sechs Wochen im Atelier Augustin Siegerts, durfte Hübner an die Kunstakademie Berlin wechseln. Begleitet von dem älteren Bruder August zog er in die preußische Hauptstadt und nahm an den Klassen von Carl Bräuer (1794-1866) und Johann Gottfried Schadow (1764-1850) teil. Um das Studium der Ölmalerei mussten die Akademieschüler sich überwiegend selbstständig kümmern und sich teils auch um den Zugang zu privaten Ateliers bemühen. Über eine Empfehlung des Schriftstellers Ernst Förster gelang es Hübner in das noch junge Atelier Wilhelm von Schadows (1788-1862) aufgenommen zu werden und fand in diesem gleichermaßen Freund und Lehrer.

Von Schadow gefördert und unterstützt, malte er schon 1826, im Alter von 18 Jahren, sein erstes großes Historienbild mit dem biblischen Motiv Boas und Ruth. Mit dem Eintritt der jungen Künstler Carl Friedrich Lessing (1808-1880), Carl Ferdinand Sohn (1805-1867) und Christian Köhler (1806-1861) in das Atelier bildete sich unter den Künstlern ein fester Freundeskreis, dem sich später noch der etwas jüngere Eduard Bendemann (1811-1889) anschloß. Letzterem erteilte Hübner privaten Zeichenunterricht im elterlichen Hause, wo er seiner zukünftigen Frau, Pauline Bendemann, der Schwester Eduards, begegnete.
Im November des Jahres 1824 führte das literarische Interesse Julius Hübners zur Gründung eines eigenen Lesezirkels namens Pentadelphie. Bei den gemeinsamen Lesungen und Diskussionen literarischer Werke fertigte Hübner oft rasche Skizzen an, um die besprochenen Theaterstücke und Texte zu illustrieren sowie um sich im schnellen Zeichnen zu üben.

Die Düsseldorfer Malerschule

Die enge Verbundenheit, die die Atelierschüler Wilhelm von Schadows verband, schloss auch den väterlichen Lehrer mit ein. Als dieser 1826 zum Direktor der Kunstakademie in Düsseldorf ernannt wurde und sein Berliner Atelier auflöste, folgte der Freundeskreis um Hübner dem Ruf Schadows und ging ebenfalls nach Düsseldorf. Als geschlossene Künstlergruppe unter einem Lehrer und durch die intensiven Bemühungen des letzteren, die Düsseldorfer Akademie zu beleben, bildete sich das Kollektiv, das spätestens seit 1828 als Düsseldorfer Schule bezeichnet wurde. Dieser war eine idealisierende Darstellungsweise zu eigen sowie eine enge Orientierung an literarischen Motiven.

Auch Julius Hübner übte sich neben der Historien- und Porträtmalerei ganz besonders in der Textillustration. Erstmals 1829 schuf er zwei Buchillustrationen für das Taschenbuch zum geselligen Vergnügen, die zwar noch wie eigenständige - miniaturisierte - Historienbilder wirken, jedoch als Verbildlichung zweier Gedichte Christian August Gottlob Eberhards abgedruckt wurden. Zu dieser ersten Tätigkeit als Illustrator kehrte Hübner erst Jahre später, bei der Illustration eines Gedichtes in Robert Reinick: Lieder eines Malers mit Randzeichnungen seiner Freunde im Jahre 1837 zurück. Bald beteiligte er sich auch an der aufwendig vorbereiteten Bebilderung der neuen Auflage des Nibelungenliedes in neuhochdeutscher und mittelhochdeutscher Sprache, die 1840 im Verlag von Otto und Georg Wigand erscheinen sollte. Nach diesem großen Unternehmen, bei dem Hübner zunächst nur - zu diesem Zeitpunkt bereits Schwager - Eduard Bendemann beistand, lieferte der Künstler nur noch einzelne Illustrationen, unter anderem für Die Ammenuhr und das ABC-Buch für kleine und große Kinder. Darüber hinaus beschäftigte er sich jedoch sichtlich gerne mit dem Genre der Buch- und Kinderbuchillustration und fertigte, gerade im familiären Umkreis, etliche Gelegenheitsgrafiken und kleine Zeichnungen an oder illustrierte eigene Texte und Gedichte.

Die ersten Jahre in Düsseldorf bedeuteten für Hübner den künstlerischen Durchbruch und werden als "vorläufige[r] Höhepunkt in seiner Künstlerkarriere" (Birgid Monschau-Schmittmann 1993, S. 33) bezeichnet. Im Dezember 1828 war Hübner jedoch wieder in Berlin und verlobte sich mit der Schwester seines Künstlerfreundes Eduard Bendemann, Pauline Charlotte Bendemann, die er im folgenden Jahr heiratete. Im selben Jahr, dem August 1829, brach das frisch vermählte Ehepaar zu einer langen Italienreise auf. Dies geschah nicht zuletzt auf Anraten des Lehrers Schadow, der aus Düsseldorf schrieb, dass der Umgang unter Künstlern an der Berliner Akademie doch weniger freundschaftlich sei und man sich daher über eine Rückkehr Hübners nach Düsseldorf freute, beziehungsweise - sozusagen auf dem Umweg - eine Studienreise zu den künstlerischen Eindrücken Italiens empfahl.

Auch zu dem langen Aufenthalt in Italien verfasste Julius Hübner ein Tagebuch, in dem Details zu den Reisen innerhalb Italiens festgehalten sind. Über Nürnberg, München, Venedig und Mantua in Mailand angelangt, schlossen sich die Schwiegereltern des Künstlers, Anton und Fanny Bendemann, den Eheleuten an und begleiteten sie über Genua nach Florenz und schliesslich nach Rom. Dort verweilte das Paar, das am 14. März 1830 um eine Tochter reicher geworden war, bis zum Mai des Jahres 1831 und wurde in dieser Zeit häufig Anlaufstelle für viele deutschstämmige Italienreisende. Die "Casa Bendemann-Hübner" wurde zum Treffpunkt zahlreicher Künstler, auch der alte Freundeskreis Hübners und nicht zuletzt Wilhelm von Schadow nahmen die Gastfreundschaft bei dem deutschen Künstler in Rom an. Wieder offenbarte sich der enge Zusammenhalt des Schadow'schen Ateliers sowie das in diesem nachgeeiferte Ideal der Freundschaft und gegenseitigen Unterstützung, wie es auch die früheren Nazarener geübt hatten.
Als Ausdruck der Freundschaft und als bemerkenswertes Werk im Œuvre der befreundeten Künstler entstand das Kollektivgemälde der Familie Bendemann-Hübner und des Schadow-Kreises. Die Künstler porträtierten sich gegenseitig und schufen trotz der vielen beteiligten Hände ein harmonisches Gruppenbild mit intimem, familiärem Charakter. Neben wenigen Ölgemälden schuf Hübner während seiner Zeit in Italien vor allem zahlreiche Studienzeichnungen der südlichen Landschaften sowie Veduten von Ortschaften und Festungen, sodass er noch in Rom von seinem Düsseldorfer Mentor ermutigt wurde, sich nicht von der Historienmalerei abzuwenden.

Am 12. Mai 1831 trat die junge Familie die Reise in die Heimat an und gelangte über Zwischenhalte in Siena, Florenz, Bologna, Klagenfurt und Wien zurück nach Berlin. Bis 1833 blieb Hübner in Berlin und beschäftigte sich mit dem Malen kleinerer Porträtaufträge. Die mangelnde künstlerische Innovation der Berliner Akademie, die er bereits früher bemängelt hatte sowie den frühen Tod seines zweiten Kindes zum Anlass nehmend, zog Hübner mit seiner Familie nach Düsseldorf. Dort trat der Künstler in die von Schadow neu eingerichtete Meisterklasse der Akademie ein und bezog gemeinsam mit Bendemann ein eigenes Atelier. Ausserdem nahm er rege am kulturellen Leben teil und unterhielt Beziehungen zu dem Dichter Karl Leberecht Immermann (1796-1840) und dem Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847).

Dem 1837 nach Dresden berufenen Freund und Schwager Bendemann folgend, zog es Hübner 1839 ebenfalls in die Stadt an der Elbe. 1841 erhielt er dort eine Professur für Historienmalerei an der Kunstakademie und etablierte sich als Künstler in Dresden. Die Zeit in Dresden zeichnete sich auch durch intensive Kontakte Hübners zu den Musikern Robert und Clara Schumann und Felix Mendelssohn-Bartholdy aus und die gegenseitige musische Inspiration. Von Mendelssohn-Bartholdy in die Wege geleitet und durch gemeinschaftliche Entwürfe Hübners und Bendemanns in Form gebracht, entstand etwa das 1843 zu Ehren von Johann Sebastian Bach errichtete Denkmal in Leipzig. Auch die Beschäftigung mit der Buchillustration, wie oben beschrieben wurde, fiel in diese Zeit. Während der Deutschen Revolution von 1848/49 schloss sich Hübner der von Studenten gegründeten Akademischen Legion an, die sich bei der Frankfurter Nationalversammlung insbesondere durch die Forderung nach einer Bundesstaaten übergreifenden Kunstförderung einsetzte.

Von der Praxis in die Kunsttheorie

 

1856 erschien der erste, von Julius Hübner kommentierte Katalog der Dresdner Gemäldegalerie, der die Geschichte der Sammlung sowie bedeutende Kunstwerke erörterte. Nicht zuletzt aus einem Brief an den Sohn Emil geht hervor, dass sich der Maler mit dieser Aufgabe nicht leicht tat und sich vielmehr nach der Arbeit an der Staffelei sehnte. Erst während der 1850er Jahre entwickelte Hübner ein tiefergehendes kunsthistorisches Wissen, das er sich insbesondere aus der genauen Kenntnis der Dresdner Sammlung erarbeitete und später auf Studienreisen nach England, Frankreich und in die Schweiz intensivierte. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten im Umgang mit der Kunsttheorie, widmete sich Hübner in den folgenden Jahrzehnten dieser zunehmend, nicht zuletzt da die Nachfrage nach seinen Bildern sukzessive zurückgegangen war. Vielmehr nahmen ihn nun seine Lehrtätigkeit an der Akademie und ab 1871 seine verwaltungstechnischen Aufgaben als Direktor der Gemäldegalerie ein.

Schon im ersten Jahr seiner Tätigkeit als Galeriedirektor fand eine große Ausstellung von Werken Hans Holbeins des Jüngeren (1497-1543) in den Räumen der Galerie statt. Zu diesem Anlass wurde eine Streitfrage, die bereits seit langem im Raum stand, wieder aufgegriffen, bei der es um die Entstehungsverhältnisse der Madonna des Bürgermeisters Meyer ging. 1822 wurde ein scheinbar identisches Werk von Hans Holbein entdeckt, das nun als Gegenstück zu diesem Schmuckstück der Dresdner Galerie auftrat. Das Bild in Dresden war, wie sich herausstellte, bereits im 17. Jahrhundert als Kopie angefertigt worden und seither über verschiedene Sammlungen als Original in Umlauf geraten. Als das Gemälde 1822 wiederentdeckt wurde, entwickelte sich unter Kunstgelehrten ein regelrechter Streit um die Frage der jeweiligen Herkunft, der ihren vorläufigen Höhepunkt während der Dresdner Ausstellung fand. Julius Hübner geriet dabei, indem er hartnäckig die Meinung vertrat, dass beide Bilder von Holbein stammten, in arge Kritik.
Als Hübner das Amt des Galeriedirektors 1882 niederlegte, wurde ihm von der Universität Leipzig in Anerkennung seiner theoretischen Arbeiten der Doktortitel verliehen. Die Kunstakademien von Berlin und Pennsylvania in den USA verliehen ihm zudem eine Ehrenmitgliedsschaft. In den Jahren des Ruhestandes bemühte er sich nochmals vergeblich um die Mitwirkung bei der Ausmalung des neuen Museums, um die er sich bereits in den 1860er Jahren verwendet hatte.
Nach Erkrankung an einer Rippenfellentzündung starb Julius Hübner am 07. November im Alter von 76 Jahren in seinem Haus in Loschwitz.

Benedikt Ockenfels

Literaturempfehlungen

  • Birgid Monschau-Schmittmann: Julius Hübner (1806-1882). Leben und Werk eines Malers der Spätromantik (Bonner Studien zur Kunstgeschichte, 7), Münster 1993

  • Konrad Renger: „Weil ich ein Maler bin soll ich nicht dichten …“. Zu Julius Hübner als Buchillustrator und Poet, in: De arte et libis. Festschrift Erasmus 1934–1984, Amsterdam 1984, S. 369–386

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